Erstmal unschuldige ich mich für die lange Pause, dafür wird der heutige Post etwas länger.
Sonnenuntergang am Strand bei Manuel Antonio |
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Unsere Gruppe (es fehlt eine Schweizerin, die das Foto gemacht hat) |
Der Krater von Miravalles |
Vor den kleinen Nasenbären, die sich im in der Nähe des Kraters angesiedelt hatten, war nichts sicher |
Auch ein Pfau zeigte sich uns in voller Pracht |
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Das Hotelgelände am Tag... |
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... und am Abend |

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Am ersten Schultag gab es nachmittags eine kleine Feier, zu der natürlich alle ihre neue Schuluniform trugen |
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Meine Geschenke |
Zu meinem 17. Geburtstag am 18.02. boten mir meine Gasteltern an, einige Freunde einzuladen, außerdem waren meine Gastgeschwister da, wir grillten und saßen den ganzen Abend draußen und redeten über Gott und die Welt. Ich bekam viel mehr Geschenke, als ich erwartet hatte, meine Gastgeschwister schenkten mir Handtücher, ein Parfüm, Lippenstifte und ein Sporttop, von meinen Gasteltern bekam ich eine Bluse, eine Jeans und Blumen und meine Freunde hatten mir einen hübschen Traumfänger und haufenweise Süßigkeiten gekauft.
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Besser hätte ich mir meinen Geburtstag im Ausland nicht vorstellen können: gemeinsam mit meinen Freunden, die ich alle schon unglaublich ins Herz geschlossen habe |
Einige Wochen später fragte meine Schule uns Austauschschüler, ob wir nicht Lust hätten, an einem Projekt teilzunehmen, dass sie für alle Schüler mit nicht-costaricanischer Nationalität vorbereitet haben. Unsere Ausfgabe war, einen deutschen Stand für eine Art Messe in der Bibliothek vorzubereiten, mit welchem wir unsere Heimat vorstellten (Architektur, Essen, Sport, Traditionen,...). Außerdem sollten wir etwas backen, und wir entschieden uns für Brezel. Da es sich etwas schwierig gestaltete, die Brezel in ihrer eigentlichen Form in die Lauge zu befördern, formten wir schließlich einfach kleine Bällchen und nannten sie Laugenbrötchen. Das Projekt war ein voller Erfolg, und die Schüler verließen die Bibliothek mit gefüllten Köpfen und Bäuchen, nachdem sie neben Deutschland auch Italien, Japan, Mexiko, Guatemala, El Salvador, die USA, Kolumbien und Nicaragua kennenlernen konnten.
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Unser Projekttisch, bestückt unter anderem mit einem Räuchermännchen, einer Brezel und deutscher Zeitung |
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Da haben wir uns mal ganz unauffällig beim Mexiko-Tisch bedient ;D |
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Unsere Projektgruppe |
Vergleichbar mit Ostern ist hier die "Semana Santa", die sogannte heilige Woche. Gemeint ist die Woche, in der Gründonnerstag, Karfreitag und Ostersonntag liegen, also dieses Jahr vom 26.03.-01.04. In den damit verbundenen Ferien unternahm ich viel mit den anderen Austauschschülerinnen, zum Beispiel feierten wir den Geburtstag einer Freundin oder machten ein Fotoshoot in San Ramón. Hier wieder einige Impressionen:
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Ich finde, wir geben ein gutes Gürteltier ab, oder? |
Der Essbereich |
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An einem Tag hatten wir einen kleinen Skorpion im Zimmer |
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Unsere Begegnung mit der "Mica parajera", einer der verbreitetsten Würgeschlangen Costa Ricas |
Unsere freie Zeit verbrachten wir größtenteils an einem Wasserfall im Wald ca. 400m entfernt von der Ranch, wo wir entweder im Wasser Volleyball spielten oder uns einfach eine Weile entspannten. Außerdem stellte uns die Familie die "Mutprobe", eine der Chilis zu essen, die bei ihnen wuchsen (der Schmerz war unvorstellbar ;D).
Zusammenfassend war es also eine unglaubliche und einzigartige Woche, die ich lange nicht vergessen werde und mir eine vollkommen neue Lebensweise gezeigt hat.
Zuletzt komme ich noch zu einem sehr einprägsamen, jedoch leider nicht wirklich positiven Ereignis.
Vom 19.-22.04. sollte für alle Schüler meiner Organisation CAS ein Ausflug in die Kolonialstadt Granada in Nicaragua stattfinden. Im Programm inbegriffen waren der Besuch eines Schokoladenmuseums, eine Inseltour im großen See, eine Stadtführung und vieles mehr. Am Morgen des 19. machten wir uns motiviert und aufgeregt auf den Weg, kamen wie geplant gegen Nachmittag an und gingen sofort zu unserem ersten Programmpunkt, einem Aussichtsturm direkt gegenüber von unserem Hotel. Hier einige Bilder von der Aussicht:
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Das war unsere Reisegruppe |
Kurz nach unserer Rückkehr bemerkten wir, wie Leute mit Schildern durch die Straßen liefen und Dinge wie "¡Viva la democracía!" riefen. Ein Mitarbeiter des Hotels erklärte uns, dass die Regierung durchzusetzen versuchte, die Renten der nicaraguanischen Bürger zu kürzen und gleichzeitig Abgaben zu erhöhen. Viele Menschen dort leben jedoch schon jetzt in Armut und wären überhaupt nicht fähig, mehr zu zahlen. Das führte zu Spannungen überall im Land, die an unserem ersten Abend dort begannen auszubrechen. Als wir gerade im Außenbereich eines Restaurants beim Abendbrot saßen, bemerkten wir, wie sich an einer Straßenecke ein kleiner Tumult bildete. Im nächsten Moment liefen schon die Kellner auf uns zu und forderten uns auf, nach drinnen zu gehen und dort weiter zu essen. Verwirrt und ein wenig panisch folgten wir der Anweisung, und kurz darauf wurde uns erklärt, dass einige Protestanten Steine geworfen hatten und es daraufhin zu einem Zusammenstoß mit der Polizei gekommen sei. Die besorgten Betreuer bestellten uns ein Bustaxi, um zum Hotel zurückkehren zu können, und niemand war sicher, wie dieser Ausflug weitergehen sollte.
Ein Ausschnitt der Proteste am Nachmittag, wie wir
sie vom Hotel aus beobachten konnten
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An jedem Platz am Tisch gab es dieses Zeichensprache-Alphabet |
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Auch an den Wänden gab es Zeichensprache zu lernen |
So werden Hängematten hergestellt
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Das Hotel von innen |
Das Video ist aus dem Internet und zeigt, wie das
Rathaus von Granada angezündet wird
So hörte sich die Auseinandersetzung vom Hotel
aus an
Was den ganzen Tag über angedeutet wurde, wurde am Abend zum sicheren Beschluss: einen Tag früher als geplant fuhren wir am Samstag Morgen um 6 Uhr morgens zurück. Die Gründe waren einleuchtend, also beschwerte sich auch niemand. Unser Programm konnten wir vergessen, da es im Moment einfach zu gefährlich war, auf die Straße zu gehen. Viele Wege waren außerdem gesperrt wurden, was die Betreuer vor allem in der Hinsicht beunruhigte, dass falls irgendjemand sich auf irgendeine Weise verletzen würde sie keine Möglichkeit hätten, ihn oder sie ins Krankenhaus zu bringen (die rutschigen Fliesen um den Pool herum waren eine besondere Gefahrenzone). Der Busfahrer äußerte seine Sorge, wie lange es noch möglich sein würde, die Grenze problemlos zu passieren. Und um ehrlich zu sein war es uns allen das liebste, so schnell wie möglich wieder costa ricanischen Boden unter den Füßen zu haben. Auf dem Rückweg hielten wir noch ca. eine Stunde in der Hafenstadt Puntarenas, um Mittag zu essen (zum Frühstück gab es aus Mangel an Möglichkeiten abermals kalte Pizza), danach machten sich alle auf den Heimweg.
Natürlich war dieser Ausflug nicht im geringsten so wie ich ihn mir vorgestellt hatte, jedoch kann ich nicht abstreiten, dass er mich auf vieles aufmerksam gemacht hat, was ich vorher kaum wahrgenommen hatte: die Menschen in Nicaragua leiden in ihrer eigenen Heimat unter diesen gewaltsamen Aufständen, nicht erst seit dem 19.04., sondern schon seit Jahrzehnten. Vielleicht habe ich schon mal von Protesten in diesem Land in den Nachrichten gehört, es aber nur beiläufig aufgenommen und mir nicht groß Gedanken darum gemacht. Doch was für mich nur eine mäßig interessante Information war, ist für Nicaraguaner eine Realität, vor der sie nicht flüchten können, indem sie den Fernseher ausschalten oder einfach wegfahren. 28 Menschen sind während der Aufstände gestorben, darunter auch ein fünfzehnjähriger Junge. Warum regen wir uns eigentlich über die Zustände in Deutschland auf? Wir leben in einem der reichsten und sichersten Länder der Welt, und natürlich ist auch bei uns einiges verbesserungswürdig, jedoch können wir unendlich dankbar sein, ohne Angst in einer stabilen Demokratie leben zu können, in der es uns freisteht zu sagen was wir denken und zu gehen wohin wir wollen. Ich zumindest werde ab jetzt versuchen, mir das etwas öfter in Erinnerung zu rufen.
Jule
PS: Wenn ihr noch etwas mehr über die Hintergründe der Aufstände erfahren wollt, schlage ich euch diesen Link vor:
https://www.nzz.ch/international/nicaragua-proteste-praesident-ortega-verliert-rueckhalt-ld.1379663